Sportsfield Housing - Foto: Gottlieb -
Hanau. „Es ist eine besondere Herausforderung, mit der Not der vor Krieg und Terror Geflüchteten human umzugehen. Mit der jetzt auf den Weg gebrachten vollständigen Erschließung der Konversionsfläche „Sportsfield Housing“ sorgen wir dafür, dass wir unserer Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen nachkommen und angemessene Unterkünfte bereitstellen können.“
Wie Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky am Montag dazu ausführte, reagiert die Stadt mit dem vorgelegten Maßnahmenpaket und der sich daraus ergebenden Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung auf die aktuelle Entwicklung der Flüchtlingszahlen und der angekündigten höheren Zuweisung an den Kontigentflüchtlingen. „Wir dokumentieren Handlungsfähigkeit und Lösungskompetenz nicht nur gegenüber den Flüchtlingen, sondern vor allem auch den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt.“
Die am Montag im Magistrat beschlossene Vorlage, der die Stadtverordnetenversammlung noch zustimmen muss, basiert auf einer neuen Vereinbarung mit dem Land Hessen sowie einer Absprache mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und sieht vor, künftig alle vorhandenen Gebäude der ehemaligen Sportsfield Housing zu nutzen. Entgegen der ursprünglichen Planung, fünf Gebäude auf dem Areal instandzusetzen und zur zentralen Unterbringung zu nutzen, wird die Stadt nun acht weitere Blöcke in die Gemeinschaftsunterkunft integrieren.
Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes, die seit Mitte Oktober auf der hinteren Teilfläche des früheren Housing-Areals untergebracht ist, verbleibt in den fünf bereits genutzten Gebäuden. Darüber hinaus wird das Hessische Bau-Management zeitnah zusätzlich vier weitere Wohnblöcke, die sich innerhalb der für die Landeseinrichtung abgegrenzten Teilfläche befinden, bewohnbar machen. Ziel ist es, bis Ende des Jahres dort Platz für weitere 700 Flüchtlinge zu schaffen, um eine Unterbringung in Zelten während des Winters zu verhindern. Schließlich wird das Land sukzessive die Gebäude für eine längere Nutzung ertüchtigen.
„Wir werden damit die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen in unserer Stadt auf diesem Areal konzentrieren. Dies ist sowohl unter logistischen Gesichtspunkten als auch unter Sicherheitsaspekten sinnvoller als weitere Militärflächen wie beispielsweise die Underwood-Kaserne in Großauheim zu erschließen oder gar Turnhallen als Notunterkünfte zu belegen,“ weist der Hanauer Oberbürgermeister darauf hin, dass es im Moment nicht um die Frage, ob man, sondern nur mehr um die Suche, wo die Kommune die erforderlichen Plätze für Flüchtlinge schaffen könne. „Damit haben wir unsere Hausaufgaben hervorragend gemacht, aber ich will an dieser Stelle dringend an Land und Bund, aber auch an den Landrat des Main-Kinzig-Kreises appellieren, dass ein weiterer Zuzug von Flüchtlingen nicht nur unsere Stadt, sondern die Kommunen im allgemeinen überfordern wird.“ Er werde, so Kaminsky weiter, im Rahmen seiner Möglichkeiten auch im Städtetag darauf hinwirken, dass die Städte gemeinsam mit ihren berechtigten Forderungen an Landes- und vor allem Bundespolitik gehört würden. „Hier ist die Bundesregierung aufgerufen, endlich Lösungen zu finden. An die Landesregierung geht meine Mahnung, die zugesicherten Finanzmittel schnellstmöglich den Kommunen auch zukommen zu lassen.“
Die Stadt Hanau wird im kommenden Haushalt – auch dem hat der Magistrat bereits zugestimmt – ein Sonderbudget „Flüchtlinge“ in Höhe von vier Millionen Euro einplanen. „Dieses Budget wird ergebnisneutral eingestellt. Das heißt, unseren Aufwendungen stehen die Kostenerstattungen von Bund und Land gegenüber,“ erläutert Kaminsky die finanzielle Seite der Flüchtlingsunterbringung. Darin enthalten sind neben den Sachkosten auch Personalkosten für bis zu 25 Stellen, die überplanmäßig und extern besetzt werden können, um die Aufgaben rund um die Flüchtlingsbetreuung und –versorgung zu bewältigen.
„Zusätzliches Personal werden wir insbesondere in den Bereichen des Kommunalen Sozialen Dienstes bei der Betreuung von unbegleitete minderjährigen Flüchtlinge, im Amt für Soziale Prävention, in der Schulverwaltung und im Eigenbetrieb Kindertagesbetreuung, aber auch in der Ausländerbehörde und Stadtpolizei sowie im Brandschutzamt Feuerwehr brauchen. Dazu kommen noch sogenannte Querschnittsarbeiten.“ Wie Stadtrat Axel Weiss-Thiel ergänzt, wird zur optimalen Koordinierung der fachübergreifenden Aufgaben eine Stabsstelle „Asyl“ neu eingerichtet, die direkt bei ihm als Sozialdezernent angesiedelt sein wird. „Wir haben die bisherige Versorgung dank eines unglaublich engagierten Einsatzes vieler ehren- und hauptamtlicher Kräfte sehr geordnet und hochprofessionell sicherstellen können. Daran soll und wird sich auch künftig nichts ändern.“
Die Unterbringung und Versorgung in der städtischen Gemeinschaftsunterkunft sei bisher auf einen längerfristigen Aufenthalt und Integration ausgelegt, da die hier untergebrachten Kontingentflüchtlinge gute Aussichten auf einen dauerhaften Verbleib in Deutschland hätten. Daran soll sich im Kern auch durch die Ausweitung der Aufnahmekapazitäten nichts ändern, denn nur so sei ein wohlwollendes Miteinander im Quartier sicherzustellen. „Es ist uns bewusst, dass hier ein Stadtteil im Stadtteil entsteht, und werden in unserem Einflussbereich der städtischen Gemeinschaftsunterkunft die Weichen in diesem Sinne stellen,“ so Weiss-Thiel und ergänzt, die Stadt werde jedoch auch darauf hinwirken müssen, dass das Gefälle im Betreuungs- und Versorgungsniveau zur benachbarten Erstaufnahmeeinrichtung des Landes nicht allzu groß wird.“
In diesem Zusammenhang mahnen OB Kaminsky und Stadtrat Weiss-Thiel beim Land die getroffenen Absprachen an, die auch die künftige Entwicklung im Stadtteil im Blick haben. Es sei legitim und auch der Verantwortung der hier lebenden Menschen geschuldet, wenn die politisch Verantwortlichen immer auch die Entwicklungsinteressen der Stadt im Auge behalten. „Es gibt wohl keinen Königsweg, aber eine gute Balance“, so die beiden hauptamtlichen Magistratsvertreter, und ergänzen, dass sich für sie aus der aktuellen Situation die beinahe zwangsläufige Schlussfolgerung ergibt, den Wohnstandort Sportsfield Housing auch für die Zukunft zu erhalten. „Land und Bund sind hier mit Nachdruck gefordert, die gesetzlichen Bestimmungen so zu fassen, dass der dringend benötigte Wohnraum an dieser Stelle erhalten bleiben kann.“
Darüber hinaus gibt es auch für das Areal der Pioneer-Kaserne und Triangel Housing bereits konkrete Pläne. Auf dieser Fläche soll nach dem Willen der Stadt ein neuer Wohnstandort entstehen, der Wohnraum für rund 3000 Menschen bieten würde. „Die Notwendigkeit, dieses Gebiet wie geplant zu entwickeln, wächst durch die Aufnahme der Flüchtlinge sogar noch zusätzlich. Denn über kurz oder lang brauchen diese Menschen Wohnungen und Arbeitsplätze, schulische Angebote und Betreuungsmöglichkeiten in Kindertagesstätten in unserer Stadt. Die Erschließung, so wie wir es bisher geplant haben, würde dieser kommenden Nachfrage den Druck nehmen.“ Die Tatsache, dass die Vertreter des Landes ihre Einfluss bei der Bundesanstalt für Immobilien geltend machen wollen, um Erwerb der Fläche und Realisierung dieser Konzepte zu ermöglichen, zeige, dass man dort die Folgeproblematik erkannt habe und die Stadt bei dieser guten Lösung unterstütze.
Schließlich haben die Vertreter des Landes bei den Gesprächen zur neuen Vereinbarung auch zugesichert, die Stadt in ihrem Bemühen zu unterstützen, dass die Zahl der in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes untergebrachten Menschen künftig zu einer Reduzierung der Zuweisung durch den Landkreis führe. „Hanau ist als Sonderstatusstadt bei der Berechnung der Aufnahmequoten ohnehin benachteiligt und übernimmt schon heute im Vergleich zu Nachbarkommunen eine deutlich größere Zahl an Kontingentflüchtlingen. Da ist es mehr als fair, wenn künftig die Erstaufnahmeeinrichtung auf die Quote angerechnet wird.“ (pshu)